Es war einmal vor langer, langer Zeit – genauer gesagt 1972 – da erfand Niklaus Wirth die Programmiersprache Pascal als Lehrsprache für seine Studenten. Damit lehrte er sie strukturiert zu programmieren und mit der Zeit wurde die Sprache immer populärer. Borlands TurboPascal hat dazu wohl maßgeblich beigetragen.
Aus TurboPascal wurde Delphi und damit IMHO zeitweise die beste Entwicklungsumgebung für Windows-Anwendungsprogramme. Mit den kostenlosen Personal- und Turbo-Versionen bot Delphi den idealen Einstieg für alle, die das Programmieren lernen wollten.
Zwischenzeitlich wurde Delphi nun schon mehrmals tot gesagt, die Entwicklung ging nur schleichend voran und die Qualität stimmte auch nicht immer. Letztes Jahr hat Embarcadero nun Delphi übernommen und wird damit zum Hoffnungsträger und man sieht auch wirklich, dass sich technisch etwas tut.
Seit dem Release von Delphi 2010 ist aber nun TurboDelphi von der Embarcadero-Seite unter mysteriösen Umständen verschwunden. Keiner wusste so recht, ob das Absicht oder Versehen war und selbst auf Nachfrage bekam man bei Embarcadero nur spärliche Informationen.
Jetzt scheint es so, dass das Absicht gewesen ist. Es ist wohl irgendwie geplant, dass man sich überlegt, was man tun könnte, aber besonders eilig scheint man es damit nicht zu haben. Ich verstehs nicht. Man vergrault sich damit doch nur potentielle Kunden.
Michael Rozlog
I’m working on a few ideas around this area. I don’t have anything to
announce but I’m working on this as we speak. As soon as I hve more
information to relate I will let you know.
Nun denn. Mal sehen, was dabei rauskommt. Und wann…
Ich mein, ich hab vollstes Verständnis dafür, dass man seine Produkte nicht einfach so verschenken will. Aber man scheint irgendwie zu denken, dass die kostenlosen Versionen die Zahl der zahlenden Kunden verringert habe. Ich kann mir das aber kaum vorstellen.
Wenn jemand als Entwickler Geld verdienen will, dann braucht er a) wohl mehr als ne Turbo- oder Personal-Version und hat b) dann wohl auch kein Problem damit, sich ne kostenpflichtige Version zu leisten. Was ist aber mit denen, die momentan eh (noch) keine Kunden sein würden. Leute, die gerade Programmieren lernen, blättern nicht mal so eben n paar hundert oder tausend Euro für ne IDE hin. Die suchen sich einfach ne Alternative. Und davon gibt es genug. Java (Netbeans, Eclipse), C# (VisualStudio, #Develop), …
Ein Kommilitone hat zu mir mal gesagt:
Du programmierst mit Delphi? Aber du hast dafür doch wohl hoffentlich nix bezahlt, oder?
Nun sind es aber gerade die Hobby-Programmierer, die momentan nur Freeware und OpenSource erstellen, die aber womöglich zu Käufern der „echten“ Delphi-Versionen werden, wenn sie mal „ausgewachsene“ Programmierer sind, die damit Geld verdienen wollen. Nur dazu müssen sie erstmal zu Delphianern werden. Wenn sie statt Delphi Java oder C# lernen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie später Delphi nehmen wohl deutlich geringer. Und da Delphi momentan ja nicht gerade Mainstream ist, täte Embarcadero gut, etwas für die Verbreitung von Delphi zu tun.
Ich bin da wohl ein ganz gutes Beispiel. Mit 13 hab ich angefangen zu programmieren und hatte dazu schon QBASIC und Pascal gemacht. Jetzt wollte ich was mehr und bin dabei auf Delphi-Treff gelandet. Zu der Zeit gabs grad die Delphi 6 Personal und die war perfekt für mich. Delphi war so toll, dass ich erstmal nicht das Bedürfnis hatte, ne andere Sprache zu lernen und bin deshalb zum Delphianer geworden. Ohne die D6 PE wäre ich wohl zu Java abgewandert. Ich mein, ich bin auch noch kein zahlender Embarcadero-Kunde, aber, wenn ich mal mein Studium hinter mir habe und wirklich arbeite, werde ich Delphi zumindest positiv in Erinnerung haben und dann hat Embarcadero vielleicht bald ein paar Lizenzen mehr verkauft.
Das ist langfristig gedacht. Ja. Aber will man langfristig Kunden haben oder kurzfristig? Das is wie an Bildung und Forschung sparen. Man verbaut sich damit ein Stück weit die Zukunft.
Des öfteren hört man den Einwand, dass es auch Geld kostet, eine kostenlose Variante bereit zu stellen und es wird gefragt wo man denn die Beschränkungen setzen soll. Aber überlegen wir uns erstmal, was ein Hobbyprogrammierer bräuchte und was nicht:
- Compiler und IDE sollten einigermaßen technologisch aktuell sein, sonst nimmt er lieber ne andere Sprache und IDE. Davon gibts ja genug.
- Man sollte damit Feeware und OpenSource erstellen können.
- Zeitliche Einschränkungen sind nicht sinnvoll, da man zum Programmieren lernen wohl mehr als 30 Tage braucht.
- Funktionale Einschränkungen wie in Personal und Turbo sind aber IMHO vollkommen OK. Man sollte nur damit arbeiten können.
- Kommerzielle Nutzung ist nicht nötig. Wenn man Geld verdienen will, kann man sich auch ne kostenpflichtige Version kaufen.
Die logischste Einschränkung, die Embarcadero machen kann, ist also die Einschränkung der Lizenz. Erlaubt man Feeware und OpenSource, so reicht das genau für Hobbyprogrammierer und die kostenlosen Versionen machen den kostenpflichtigen auch keine Konkurrenz. Zudem ist es wohl vergleichsweise wenig Aufwand, einfach die License.txt auszutauschen.
Wenn es aber künftig keine kostenlose Delphi-Variante geben wird, so wird der Hobby-Delphianer wohl über kurz oder lang aussterben. Und auch die momentane Hängepartie ist wohl eher kontraproduktiv…
Delphi-Treff:
Delphi-Treff als Website, die sich auch an Neulinge richtet, setzt sich dafür ein, dass es möglichst bald wieder kostenlose Versionen von Delphi gibt, und wir werden über die weitere Entwicklung informieren. […] auf jeden Fall wollen wir aber auch den Nachfragedruck auf Embarcadero damit erhöhen.
Apropos Nachfragedruck erhöhen. Bloggt darüber, diskutiert in den Foren, etc. Vielleicht hat das ja einen positiven Einfluss auf die Geschwindigkeit mit der sie über „Alternativen zu den Turbos“ nachdenken wollen.