Agile: Wenn „agil“ draufsteht…

… ist wohl nicht immer agil drin.

Dilbert.com

Leider wird Agile Softwareentwicklung oft so verstanden, wie in obigem nicht nur einmal zitiertem Dilbert-Comic. Mein Eindruck ist manchmal, dass das Wort „agil“ dazu benutzt wird, dem Nichtvorhandensein einer strukturierten und durchdachten Vorgehensweise einen Namen zu geben. Aber genau das ist agile Softwareentwicklung eben *nicht*. Agile Softwareentwicklung heißt nicht einfach mal drauflos coden und hoffen, dass alles schon irgendwie gut geht.

Letztens hab ich auf heise eine interessante Umfrage gesehen, die genau das zeigt. Zumindest ist das meine Interpretation der Daten.

Nach der Umfrage nutzen 17% gar kein Vorgehensmodell. Dazu kommen die oben genannten Feigenblatt-Agilen und wohl auch ein paar Feigenblatt-Phasenorientierten. Wenn man jetzt auch noch bedenkt, wer die Fragen beantwortet hat (Tester, Entwickler, Manager, …), dann zeigt sich, dass Entwickler deutlich häufiger angeben, keinem Vorgehensmodell zu folgen. Da aber wohl die Entwickler diejenigen sind, die das am besten wissen sollten, vermute ich mal, dass die 26% (Entwickler, die angegeben haben, keinem Vorgehensmodell zu folgen) eher stimmen als die 17% (Durchschnitt über alle Rollen). Da klaffen wohl Anspruch und Wirklichkeit etwas auseinander.

Aber gucken wir mal genauer:

  • 27% der „agilen“ nutzen ein „eigenes agiles Vorgehensmodell“. Soso…
  • 57% nutzen Scrum (weil es grad in Mode ist, das zu behaupten)
  • Nur bei 43% der „agilen“ Projekten sind Unit-Tests vollständig automatisiert. Knapp 30% haben eine Automatisierungsquote unter 70%. Und nennen sich dabei „agil“.

Die genannte Statistik hat sich jetzt auf Tests konzentriert. Ich schätze mal, wenn man da in andere Richtungen fragt, wird man ein ähnliches Bild erhalten: Nicht alle, die behaupten, agile Softwareentwicklung zu betreiben, tun das auch.

Pi mal Daumen schätze ich also mal, ein Drittel der agilen sind nicht wirklich agil. Grob geraten sind wohl 50% phasenorientiert 20% agil und 30% gar nix. Und die Übergänge sind fließend.

Teilweise herrscht auch ein falsches Verständnis: Auf ner Firmenkontaktmesse hab ich auch mal gehört, „agil“ sei ja gar nicht neu; früher nannte man das nur iterativ. Aber so ist es natürlich nicht. Die Aussage ist in etwa genauso richtig, wie zu behaupten, dass früher („prozedural“) Klassen einfach structs oder records geheißen haben. Technisch mag das bis zu einem gewissen Grad stimmen (aber auch nur zum Teil). Jedoch hat sich die Denkweise geändert. Und die Denkweise ist es, die den großen Unterschied macht — sowohl bei der Objektorientierung alsauch bei der agilen Softwareentwicklung.

Nichtsdestotrotz gibt es auch Firmen, die Agilität richtig verstehen und richtig anwenden. Durch die ein oder andere Exkursion hab ich da auch schon welche kennen lernen dürfen. Effektiv ist in den meisten Firmen, die ich bisher kennen gelernt habe, Agilität zumindest ein Thema. Ich denke, man kann also behaupten Agile Softwareentwicklung ist mittlerweile im Mainstream angekommen. Nur heißt das eben noch nicht, dass alle, die sich „agil“ nennen, das auch sind.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert